Ein Bonded Warehouse, im Deutschen Zolllager, ist eine spezielle Art von Lagergebäude oder -bereich, das unter der Aufsicht und Kontrolle der Zollbehörden eines Landes steht. Seine primäre Funktion ist die Lagerung von unverzollten und unversteuerten importierten Waren.
Der entscheidende Vorteil eines Zolllagers für Unternehmen, die im internationalen Handel tätig sind, liegt in der Möglichkeit, die fälligen Zölle und Einfuhrabgaben (wie Einfuhrumsatzsteuer oder Verbrauchssteuern) erst zu entrichten, wenn die Waren aus dem Lager entnommen und in den freien Verkehr des Importlandes überführt werden. Alternativ können die Waren auch aus dem Zolllager heraus direkt reexportiert werden, ohne dass jemals Zölle oder Steuern im Importland anfallen.
Vorteile eines Bonded Warehouse
Das System der Zolllager bietet Unternehmen erhebliche finanzielle und logistische Vorteile:
Liquiditätsvorteile
Das Kapital des Unternehmens wird nicht sofort durch Zollgebühren gebunden, da diese erst bei der Entnahme fällig werden. Dies verbessert den Cashflow und die finanzielle Flexibilität.
Steuerliche Vorteile
Die Einfuhrumsatzsteuer und eventuelle Verbrauchssteuern müssen erst bei der Entnahme aus dem Lager entrichtet werden. Bei einem Reexport fallen sie gar nicht an. Dies ist besonders vorteilhaft für Unternehmen, die als Hub für den internationalen Handel fungieren.
Flexibilität im Vertrieb
Unternehmen können große Mengen importierter Waren im Zolllager vorhalten, ohne sofort die Abgaben zahlen zu müssen. Die Waren können dann flexibel je nach Bedarf in den nationalen Markt eingeführt oder in andere Länder weiterversandt werden.
Konsolidierung und Optimierung
Waren aus verschiedenen Ländern können in einem Zolllager gesammelt, konsolidiert und für den Weiterversand vorbereitet werden, bevor sie verzollt werden. Dies ermöglicht effizientere Lieferketten und reduziert administrative Aufwände.
Veredelung und Bearbeitung
In vielen Zolllagern sind auch bestimmte Bearbeitungstätigkeiten erlaubt, wie das Umpacken, Kommissionieren, Etikettieren oder auch einfache Veredelungsprozesse, ohne dass die Waren den Zollstatus verlieren. Dies schafft zusätzlichen Mehrwert (Value Added Services).
Risikominimierung
Bei unvorhergesehenen Marktschwankungen können unverzollte Waren leichter reexportiert werden, ohne dass Zölle und Steuern bereits gezahlt wurden und mühsam zurückgefordert werden müssten.
Arten von Zolllagern
Es gibt verschiedene Arten von Zolllagern (z.B. öffentliche Zolllager I, II, III oder private Zolllager C, D, E), die sich in ihrer Nutzung und den Verantwortlichkeiten unterscheiden. Die meisten Unternehmen nutzen private Zolllager (Typ C), die von einem zugelassenen Lagerhalter für eigene Waren oder die Waren Dritter betrieben werden.
Öffentliche Zolllager
Diese Lager stehen im Allgemeinen jedem für die Lagerung von Waren zur Verfügung und werden oft von Logistikunternehmen oder Lagerbetreibern geführt. Sie sind besonders für kleinere und mittlere Unternehmen von Vorteil, die kein eigenes Zolllager betreiben möchten.
- Öffentliches Zolllager Typ I: Hier tragen sowohl der Bewilligungsinhaber (Lagerhalter) als auch der Inhaber des Zolllagerverfahrens (derjenige, dessen Waren eingelagert werden) die Verantwortung für die Einhaltung der Zollvorschriften. In der Praxis ist dieser Typ der am häufigsten bewilligte.
- Öffentliches Zolllager Typ II: Bei diesem Typ ist der Inhaber des Verfahrens allein für die Einhaltung der Verpflichtungen während der Lagerung und für die Überführung der Waren in das Zolllagerverfahren verantwortlich.
- Öffentliches Zolllager Typ III: Diese Zolllager werden von den Zollbehörden selbst geführt. Solche gibt es im Anwendungsgebiet der EU derzeit praktisch nicht.
Private Zolllager
Diese Lager dienen ausschließlich dem Lagerhalter selbst, der entweder seine eigenen Waren oder Waren im Auftrag Dritter lagert. Sie sind oft auf die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnitten und bieten mehr Kontrolle über die Lagerabläufe.
- Privates Zolllager Typ C: Der Lagerhalter kann nur eigene Waren oder Waren von Dritten in seinem Lager einlagern, bleibt aber gegenüber den Zollbehörden für die eingelagerten Waren verantwortlich. Er ist auch die Person, die eine Sicherheit gegenüber dem Zoll leisten muss.
- Privates Zolllager Typ D: Ähnlich wie Typ C, jedoch mit Besonderheiten bei der Zollabfertigung und der Möglichkeit, die Waren auch ohne die physische Anwesenheit des Zolls aus dem Lager zu entnehmen (mit entsprechender Dokumentation).
- Privates Zolllager Typ E: Bei diesem Typ muss die Lagerung nicht zwingend an einem physisch zugelassenen Ort als "Zolllager" erfolgen. Es wird primär das Zolllagerverfahren als solches bewilligt, und die Überwachung erfolgt oft über eine genaue Buchführung (lagerbuchmäßige Überwachung).
Weitere Formen oder mit Bondes Warehouses verwandte Konzepte
- Verwahrungslager (vorübergehende Verwahrung): Hier werden Waren, die in das Zollgebiet der Union gelangen, für eine kurze Zeit (max. 90 Tage) gelagert, bevor sie einem Zollverfahren zugeführt werden. Es handelt sich noch nicht um ein Zolllagerverfahren im engeren Sinne.
- Freizonen: Dies sind geografisch abgegrenzte Gebiete innerhalb des Zollgebiets der Union, in denen Waren ebenfalls ohne Erhebung von Einfuhrabgaben gelagert, verarbeitet oder umgeschlagen werden können. Sie ähneln öffentlichen Zolllagern, bieten aber oft noch mehr Flexibilität.
Die Wahl des geeigneten Zolllagertyps hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Volumen der Waren, der Häufigkeit der Einfuhren, der Art der Waren und den logistischen Anforderungen des Unternehmens.
Voraussetzungen und Auflagen von Zolllagern
Der Betrieb eines Bonded Warehouse ist an strenge Voraussetzungen und Auflagen der Zollbehörden geknüpft. Der Lagerhalter muss eine Genehmigung beantragen und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Dazu gehören:
- Sicherheitsstandards: Das Lager muss physisch gesichert sein, um den unerlaubten Zugriff auf die unverzollten Waren zu verhindern.
- Bestandsführung: Eine lückenlose und genaue Buchführung über alle im Lager befindlichen Warenbewegungen (Einlagerungen, Auslagerungen, Bearbeitungen) ist vorgeschrieben. Diese muss jederzeit für die Zollbehörden nachvollziehbar sein.
- Meldepflichten: Regelmäßige Meldungen an die Zollbehörden über die Lagerbestände und Warenbewegungen.
- Haftung: Der Lagerhalter haftet für die fälligen Zölle und Abgaben, solange die Waren im Zolllager sind.
Für international tätige Unternehmen, die Rohstoffe, Halbfertigprodukte oder Fertigwaren importieren und möglicherweise in verschiedenen Märkten vertreiben, ist ein Bonded Warehouse ein wichtiges Instrument zur Optimierung der Supply Chain, zur Verbesserung der Liquidität und zur Einhaltung der Customs Compliance. Es ermöglicht eine größere Flexibilität und Effizienz im globalen Warenverkehr, indem es die Zollabwicklung strategisch von der physischen Warenankunft entkoppelt.